Gegangen, um zurückzukommen: Als Anna Bieri 2003 an der KSZ die Matura machte, wusste sie noch nicht, dass sie sechs Jahre später an an den Lüssiweg zurückkehren würde. Dass sie an der Uni Zürich Mathematik mit dem Berufsziel Kantilehrerin studieren wollte, stand hingegen fest. Die Faszination für die Mathematik hatte sie an der Kanti entdeckt und ihr Mathelehrer Mudi Kubba war ihr ein Vorbild gewesen. «An seinen Matheunterricht kann ich mich sehr gut erinnern. Da hatte ich Erfolgserlebnisse, fühlte mich gefordert und gefördert. Ich kam richtiggehend in einen ‹Mathe-Flow›», sagt sie.
Überhaupt behält sie ihre Gymijahre als tolle Zeit in Erinnerung. «In ganz vielen Lektionen hatte ich Aha-Erlebnisse. Besonders lebhaft erinnere ich mich natürlich auch an Anlässe wie das Kantifäscht, die Arbeitswoche oder die Maturareise. Das waren coole Erlebnisse, die ‹gekittet› haben.» Dass der «Kitt» in ihrer Klasse stark war, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass ihre Klasse praktisch geschlossen von der zweiten Klasse in die dritte wechselte – indem alle das Schwerpunktfach Wirtschaft und Recht wählten. In einigen Fällen mehr aus sozialen Gründen als aus fachlichem Interesse, wie Anna Bieri schmunzelnd verrät.
Positive Erfahrungen in der Schulzeit sind wohl eine Voraussetzung, um als Lehrerin an die «alte» Schule zurückzukehren. Und so spricht es durchaus für die KSZ, dass über 30 aktuelle Lehrpersonen ehemalige Schülerinnen und Schüler sind. Ist es nicht ein merkwürdiges Gefühl, im Schulzimmer plötzlich auf der anderen Seite zu stehen und Kollegin von ehemaligen Lehrpersonen zu sein? «Es geht, man macht ja automatisch einen Perspektivenwechsel. Und im Kollegium wurde ich ohnehin sehr respektvoll aufgenommen.» Nur einmal habe sie ein Lehrer aus dem Lift gewiesen – mit der Bemerkung, dass Schülerinnen ihn nur benutzen dürften, wenn sie verletzt seien. Anna Bieri nahm es mit Humor und die Einschätzung als Kompliment. Etwas habe sich im Vergleich zu ihrer eigenen Schulzeit übrigens gar nicht gross geändert: «Ich kam damals gerne wegen den Menschen hier zur Schule, und das ist heute immer noch so.»
Viel Umgang mit Menschen hat Anna Bieri nicht nur in der Schule und in ihrer Familie – sie ist verheiratet und hat drei Söhne –, sondern auch in der Politik. Seit 2010 vertritt sie Hünenberg im Kantonsrat. Die Mitte-Politikerin ist in einer politischen Familie aufgewachsen. Ihr Vater, Peter Bieri, war von 1995 bis 2015 Ständerat des Kantons Zug. Abstimmungs- und Wahlsonntage zuhause seien sehr emotional gewesen, erinnert sich Anna Bieri. Und für die CVP habe sie als Kind «gefant» wie andere für einen Fussballverein. Als Kanti-Schülerin fand sie die Politik einmal auch wichtiger als den Unterricht. Weil sie die Bundesratwahl im Unterricht nicht schauen durfte, schwänzte sie den Unterricht. Es war das einzige Mal, und sie musste dafür nachsitzen.
Schwänzen nur aus gutem Grund – hat sie weitere Tipps, die sie aktuellen Schülerinnen und Schülern weitergeben kann? «Nutzt die Kanti-Zeit, um die Leidenschaft für etwas zu entdecken. Wenn man etwas mit Leidenschaft macht, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass man Erfolg hat.»
Text: Thomas Heimgartner, September 2024
Foto: ZVG