Mit meinem Geburtsdatum (27.5.1952) bin ich ganz zufrieden. Ich gehöre nämlich zu jenen Menschen, die Zahlen mit Farben assoziieren – die genannten Ziffern ergeben in dieser Reihenfolge einen angenehm hellen und fröhlichen Farbklang. Erst als Erwachsener habe ich begriffen, dass nicht alle Menschen Zahlen quasi automatisch mit Farben verbinden und dieses Phänomen zudem sehr individuell ausgeprägt ist; so «sehe» ich beispielsweise die 9 als dunkles saftiges Grün mit einem Blaustich …
Mein erstes Jahr an der Kanti Zug verbrachte ich im damals neu geschaffenen Übergangskurs für Sekundarschüler. Da galt es, in kurzer Zeit viel Stoff zu pauken, was mir ganz gut gelang, nicht zuletzt wegen meines Farbenticks: Er hilft sehr, sich ohne grosse Anstrengung an irgendwelche Zahlen zu erinnern. Zahlen haben mich dann auch durch mein ganzes Berufsleben begleitet, zunächst als Physiker, dann in der technisch-ökonomischen Beratung. Physik habe ich übrigens trotz der Zuger Physiklehrer studiert. Mein Opa hat mir mal von der Einstein’schen Relativitätstheorie erzählt und da war mir klar: Das will ich verstehen!
Ich hab das dann auch einigermassen verstanden, aber mir war auch klar geworden, dass meine (physikalische) Kreativität für eine akademische Karriere nicht reichen würde. Nach fünf Forschungsjahren an der ETH wechselte ich folgerichtig in den Journalismus und versuchte immerhin ein gutes Jahr lang, für den Zürcher Tages-Anzeiger irgendwelche Texte zu Umwelt- und Wissenschaftsthemen zu verfassen.
Aufs Alter hin gab es dann nochmals eine beruflichen Twist: Ich entdeckte, dass es mir fast mehr Spass machte, über unsere Ergebnisse zu berichten, als diese Ergebnisse zu produzieren.
Der Tagi hatte indirekt schon rund zehn Jahre zuvor eine Rolle in meinem Leben gespielt: Da gab es im Inlandteil einen Artikel über die abgesagte Maturafeier in Zug. Ein Mitschüler hatte nicht bestanden, und wir fanden das so ungerecht, dass wir einen selbstgezimmerten Sarg vor dem Rektorat platzierten, mit der Aufschrift: «Ruhe sanft, Gerechtigkeit!» Klar fand das der Rektor nicht so toll und sagte die Feier ab.
Nach einer mehrmonatigen Reise zu unseren Antipoden wäre ich dann fast ein richtiger Beamter in Bern geworden, nicht im Patentamt wie Albert Einstein, immerhin im nachmaligen Bundesamt für Energie. Aber die Liebe zog mich zurück nach Zürich, wo ich heute noch lebe. Zunächst beschäftigte ich mich mit Risikoanalysen, machte mich dann aber bald selbstständig. Natürlich nicht allein, im Verbund mit andern. Das ist erstens lustiger und zweitens fachlich notwendig. Physiker können zwar viel, aber nicht alles. So untersuchten wir im technisch-ökonomischen Umfeld für verschiedenste in- und ausländische, öffentliche und private Auftraggeber alles Mögliche und – nicht überraschend – wir rechneten viel und schrieben dicke Schlussberichte.
Aufs Alter hin gab es dann nochmals einen beruflichen Twist: Ich entdeckte, dass es mir fast mehr Spass machte, über unsere Ergebnisse den Auftraggebern zu berichten, als diese Ergebnisse zu produzieren. Also begann ich nebenbei Statistik zu unterrichten, rechnen konnte ich ja, baute meine Unterrichtstätigkeit sukzessive aus, liess mich schliesslich gar an einer Höheren Fachschule anstellen, als «Entwickler» und Verantwortlicher für die Didaktik-Ausbildung der Lehrpersonen. Jetzt wüsste ich, wie man Physik unterrichten könnte … Schliesslich landete ich mit 63 in der Akademie für Erwachsenenbildung und bin da bis heute als Freelancer aktiv.
Text: Walter Baumgartner/Christa Kaufmann, September 2023
Bilder: ZVG